Die Sammlungen des RJM
Die Museumsgründung des RJM fällt in die Kolonialzeit. Ein großer Teil der Sammlungen stammt aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Die Sammlungen umfassen heute etwa 60.000 materielle Kulturgüter und rund 100.000 Fotografien aus Afrika, Asien, den Amerikas und Ozeanien. Ausgehend von diesem historischen Sammlungsbestand rücken Auseinandersetzungen zum kolonialen Erbe in den Fokus. Das RJM erprobt neue Methoden der Zusammenarbeit für einen postkolonialen Zugang zu den Sammlungen. Die Beteiligten suchen nach neuen kuratorischen Herangehensweisen für die Vermittlung von aktuellen Fragestellungen: Welche Möglichkeiten bieten Sammlungsdatenbanken für eine transnationale Zusammenarbeit? Wie können Fragen verschiedener Interessensgruppen lokal und global aufgenommen und diskutiert werden? Welche Sichtweisen und Gegenbilder müssen wiedergegeben werden, um ein möglichst breites Verständnis gewinnen zu können? Wer trifft die Entscheidungen? Wie sollen die Sammlungen fortgeführt werden? Für wen sind sie relevant?
Die Sammlungen kamen überwiegend als Schenkungen bzw. Nachlässe von Privatpersonen. Durch das Engagement des im Jahr 1904 gegründeten Fördervereins Museumsgesellschaft RJM e.V. sowie den sogenannten ‚Dublettentausch‘ mit anderen deutschen und europäischen Museen kamen weitere Objekte ans Haus. Unter welchen Umständen die Objekte wann und von wem an ihren Herkunftsorten erworben wurden, ist in vielen Fällen unklar.
Das RJM legt Wert auf Transparenz seiner Sammlungsbestände und nimmt deshalb aktuell an internationalen Bestandserhebungen und an Provenienzforschungsprojekten teil:
Sammlungsgut aus Kolonialen Kontexten (Online-Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek)
Africa Accessioned (Botsuana, Namibia, Sambia, Simbabwe)
International Inventories Programme
Philippine Material Culture in Europe
Return of Cultural Heritage (AIATSIS)
Umgekehrte Sammlungsgeschichte
Projektbezogene digitale Sammlungsübersichten sind im Forschungsbereich abrufbar und werden fortwährend aktualisiert.
Digitale Einblicke in unseren Bestand
Hier finden Sie die digitalisierten Inventarbücher bis etwa 1960. Bei Fragen zu digitalen Sammlungseinsichten wenden Sie sich gerne an: rjm-doku@stadt-koeln.de.
Vorbemerkungen zu den digitalisierten Inventarbüchern:
Unsere historische Sammlungsdokumentation enthält rassistische und anderweitig diskriminierende Begriffe. Auch kann sie aus falschen regionalen, ethnischen und sprachlichen Zuschreibungen bestehen. Es handelt sich dabei um damalige Sichtweisen. Der Sprachgebrauch spiegelt den historischen Entstehungskontext und entspricht nicht den heutigen Maßstäben einer geschichts- und diversitätsbewussten Sprache. Das RJM distanziert sich von diesem Sprachgebrauch und setzt sich für eine kritische Auseinandersetzung damit ein.
Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang auch den "Leitfaden zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten" des Deutschen Museumsbundes. Beachten Sie ebenfalls die Broschüre „Rassistische und stereotypische Objektbezeichnungen im ethnologischen Museum“
Wir stellen Ihnen die digitalisierten Hauptbücher bis etwa 1960 hier zur Verfügung. Bitte beachten Sie untenstehende Hinweise zum vertiefenden Verständnis der sich komplettierenden Dokumentationsebenen.
Afrika
Die Sammlungen vom afrikanischen Kontinent umfassen rund 15.365 Dinge (Stand: Juni 2023). Geografische Schwerpunkte bilden neben der Demokratischen Republik Kongo die Gebiete der ehemaligen deutschen Kolonien – vor allem die heutigen Staaten Kamerun, Tansania, Togo und Namibia. Entsprechend den Interessen von Sammler*innen während der Kolonialzeit machen neben Masken und Skulpturen Waffen einen Schwerpunkt des Bestandes aus. Julius Lips, Direktor des RJM von 1928-1934, erwarb zahlreiche so genannte „Europäer*innendarstellungen“, vor allem aus afrikanischen Ländern. 1966 erwarb das Museum die Sammlung des Düsseldorfer Künstlers Klaus Clausmeyer, die unter anderem rund 550 Dinge aus Afrika umfasst. Einen neuen Sammlungsschwerpunkt bilden rund 2.000 Dinge aus Gelbguss der Kapsiki und benachbarter Gruppen (Nordkamerun/Nordostnigeria).
Kürzlich abgeschlossene Forschungsprojekte:
Forschungsprojekt Invisible Inventories Programme
Abschlussbericht zur Herkunft eines Schädels aus Ostafrika (Nachlass Lothar von Trotha)
Amerikas
Die Amerikas-Sammlung umfasst rund 8.000 Objekte mit Schwerpunkt auf Südamerika. Nord- und Mesoamerika bilden jeweils ca. ein Viertel der Sammlung. Bekannte Sammler*innen südamerikanischer Objekte waren Wilhelm Gretzer und Peter und Irene Ludwig (jeweils altperuanische Objekte) und Alberto Vojtech Fric (Gran Chaco). Auch einige herausragende präkolumbische Textilien gehören dazu. Für den Bereich Mesoamerika sind die Sammlungen Irene und Peter Ludwig (Altamerika) und Gerd und Renate Dörner (mexikanisches Kunsthandwerk) zu erwähnen. Zu den Highlights der Nordamerikasammlung gehören die Nordwestküsten-Sammlung Umlauff und eine von Carl Joest finanzierte Plainssammlung (beide Anfang 20. Jh.).
Asien
Die Asien-Sammlungen umfassen rund 8.000 Dinge mit den regionalen Schwerpunkten Süd- und Südostasien. Vor allem der indische Subkontinent und die Thai-, Mon- und Khmer-Kulturen stehen dabei im Fokus. Unter den Dingen des Alltags und solchen von religiöser Bedeutung finden sich eine Vielzahl von Stein- und Bronzefiguren, wie auch Textilien. Von den fast 2.000 Dingen umfassenden Ostasien-Sammlungen stammt ein Viertel aus der Gründersammlung von Wilhelm Joest und ist auf das 19. Jahrhundert datiert. Später wurden die Sammlungen durch Schenkungen und systematische Einkäufe im Handel erweitert, darunter die Sammlungen zu den Kulturen der Ainu aus dem Norden Japans und zu singhalesischen Masken. Ab den 2010ern ergänzen Schenkungen von Dingen aus buddhistischen Kontexten die Sammlungsbereiche Myanmar und Thailand. Ein neuer Schwerpunkt wurde mit indischer Miniaturmalerei und jainistischen Manuskriptblättern etabliert.
Fotografische Sammlung
In der heutigen globalisierten und vernetzten Gesellschaft haben Bilder eine herausragende Bedeutung. Wir kommunizieren und erinnern uns mit Fotografien. Sie prägen unser Bild von der Welt. Im Rautenstrauch-Joest-Museum ist die Geschichte des Mediums von den Anfangstagen bis in die Gegenwart erfahrbar. Viele der Aufnahmen stammen aus kolonialen Kontexten.
Die Fotografische Sammlung des Rautenstrauch-Joest-Museums umfasst rund 100.000 Objekte aus nahezu allen Regionen der Welt. Die Bilder aus unterschiedlichsten Erwerbungszusammenhängen – von Missionaren, Kolonialbeamten oder Reisenden angefertigt oder bei einem der zahlreichen Fotostudios weltweit angekauft – sind zeitlich, geographisch und inhaltlich eng mit der kolonialen Expansion des deutschen Kaiserreiches verbunden. Bilder aus Afrika und Ozeanien bilden demzufolge einen Schwerpunkt der Sammlung. Die Sammlung beherbergt aber auch zahlreiche Aufnahmen aus Asien und den Amerikas. Vertreten sind unterschiedliche fotografischen Verfahren seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung wird kontinuierlich bearbeitet und um neue Perspektiven bis in die Gegenwart erweitert.
Im Rahmen eines Konservierungsprojektes im Jahr 2017 wurde der gesamte Bestand gereinigt, digitalisiert und archivgerecht neu verpackt. Ein modernes Depot für die fotografischen Objekte wird derzeit geplant und realisiert.
Ein Archiv lebt von der Nutzung und Diskussion seiner Inventare. Die wissenschaftliche und künstlerische Bearbeitung der Sammlung zählt zu den Hauptaufgaben Aufgaben des Museums.
Insulares Südostasien
Die Sammlungen aus dem Insularen Südostasien umfassen etwa 9.000 Inventarnummern von den Andamanen und Nikobaren, aus Indonesien, Malaysia, Ost-Timor, von den Philippinen, aus Singapur und Taiwan. Der Schwerpunkt liegt mit fast 7.000 Inventarnummern auf Indonesien. Hervorzuheben sind hier insbesondere die Bestände aus dem Osten des Archipels sowie die Textilsammlung. Größtes Objekt ist ein aufwendig beschnitzter Reisspeicher der Sa’dan Toraja von der Insel Sulawesi. 2006 fertigten balinesische Spezialisten einen Stiersarg mit Lotosthron sowie Masken von Barong und Rangda für den Themenparcours an. Ein javanisches Gamelanensemble kann in der Ausstellung unter Anleitung bespielt werden.
Ozeanien
Die rund 18.500 Objekte der Ozeanien-Sammlung stammen aus zahlreichen Inselstaaten des Pazifiks und Australien. Regionale Schwerpunkte bilden Papua-Neuguinea und die Salomonen. Alltagsgegenstände sind ebenso vorhanden wie Ritualobjekte − darunter eine Anzahl hochkarätiger Masken und Skulpturen. Knapp 70 Prozent des heutigen Bestandes wurden bereits vor dem Ersten Weltkrieg, in der Hochphase ethnographischen Sammelns, erworben. Dies geschah teilweise direkt von Personen, die längere Zeit vor Ort gelebt haben, wie der Stationsvorsteher der Neu-Guinea-Kompagnie Paul Lücker und deren Arzt Curt Danneil, die dort gereist sind, etwa Wilhelm Joest oder Georg Küppers-Loosen, oder indirekt über den globalen Kunsthandel.