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Mission Statement

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3 Fragen an Nanette Snoep

Sie sind seit Januar 2019 Direktorin des RJM: Für was steht das RJM heute?

Das RJM steht schon seit langem in dem Ruf, ein Haus zu sein, das seine koloniale Vergangenheit nie verschwiegen, interdisziplinär gearbeitet und in seinen Ausstellungen immer Brücken zur Gegenwart gebaut hat. Eindrückliche Beispiele dafür sind natürlich die international renommierten, kulturvergleichenden Ausstellungen wie „Rausch und Realität“ (1981), „Die Braut“ (1997), „Männerbünde“ (1998) unter der Direktion von Dr. Gisela Völger (1979-2000) oder „Namibia Deutschland“ (2004), der ersten Ausstellung, die die deutsche Kolonialzeit in Namibia thematisierte und somit auch den Genozid an den Herero und Nama, aber auch die 2010 unter der Leitung des damaligen Direktors Dr. Klaus Schneider (2000-2018) eingeweihte neue Dauerausstellung beleuchtet die Sammlungsgeschichte des RJM mit seinem kolonialen Erbe. Ein wichtiger symbolischer Schritt in der Neupositionierung von ethnologischen Museen war 2018 die Restitution eines mumifizierten Kopfes an Neuseeland. In den vergangenen zwei Jahren haben wir versucht, vielen Stimmen Gehör zu verschaffen. Vorträge von und Diskussionen mit Persönlichkeiten wie Felwine Sarr (Senegal), Ciraj Rassool (Südafrika), Amber Aranui (Neuseeland), Achille Mbembe (Kamerun), Esther Muinjangue (Namibia) oder Bénédicte Savoy (Frankreich) haben dazu beigetragen, das Museum noch weiter zu öffnen. Im Dezember 2019 wurde der Open-Space DIE BAUSTELLE für Austausch und Zusammensein geschaffen, im September 2020 wurde mit „Die Schatten der Dinge #1“ eine Reihe zu Objektgeschichten und Provenienz der Sammlung des RJM gestartet und mit der großen Sonderausstellung RESIST! Die Kunst des Widerstands werden 500 Jahre anti-kolonialen Widerstands mit Objekten aus der Sammlung, historischen Dokumenten und mehr als 40 beteiligten Künstler*innen und Aktivist*innen in den Fokus genommen.

Was sollte das ethnologische Museum der Zukunft leisten?

Das ethnologische Museum der Zukunft ist ein Ort der Konversation. Es arbeitet transparent. Erforderlich ist dabei unbedingt die aktive und inklusive Teilhabe von Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Geistlichen, Aktivist*innen, Mitgliedern der Diaspora, aber insbesondere auch von Nachfahren der Gesellschaften, die die Objekte der Sammlung des RJM geschaffen haben. Es sollte ein Ort werden, in dem vielschichtiges Wissen und Vorstellungen unserer Welt vereinigt werden. Ein Ort, an dem transkultureller Dialog tatsächlich als zweiseitig ausgerichtetes Gespräch begriffen wird. Es sollte Brücken bauen und fragen, wie innerhalb der vergangenen Jahrhunderte Wissen entstanden, angepasst, angenommen, abgelehnt, integriert oder ignoriert worden ist. Das ethnologische Museum der Zukunft sollte ein Ort sein, wo die Geschichten der Globalisierung, Begegnungen, Konfrontationen und Verflechtungen vermittelt und auch unbequeme Themen wie Kolonialismus und seine Auswirkungen sowie Rassismus in den Fokus gesetzt werden. Nicht zuletzt muss ein Museum der Zukunft Lernen und „Entlernen“ sowie ästhetische Erfahrungen, Emotion, Neugier und Empowerment ermöglichen.

Was ist Ihr persönlicher Wunsch für das RJM?

Nur wenn wir unsere Türen tatsächlich öffnen, können wir die gesellschaftlichen Veränderungen aufgreifen. Das erfordert Flexibilität, diese neuen unbekannten Wege zu gehen und andere Denkweisen zuzulassen. Museen sollten Raum schaffen für Sprechen lassen und Zuhören, für Vernetzung, Zusammensein und Solidarität.