5. November 2021 bis 20. Februar 2022
Eine Seele in Allem
Begegnungen mit Ainu aus dem Norden Japans
Die Ausstellung „Eine Seele in Allem – Begegnungen mit Ainu aus dem Norden Japans“ nimmt die Ainu-Gruppen und ihren Weg nach Anerkennung in den Fokus. Der Besuch einer japanischen Delegation im RJM im Herbst 2019, welche „Ainu-Sammlungen“ in europäischen Museen dokumentierte, war Anlass für diese Ausstellung. Sie wurde gemeinsam mit einer Vielzahl von Ainu-Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und Künstler*innen entwickelt, um die Stimmen der Ainu hörbar zu machen.
Die Gruppen der Ainu gelten als die indigenen Bewohner*innen Nordjapans, die ursprünglich als Jäger-Sammler-Gemeinschaften überwiegend auf den Inseln Hokkaido und Sachalin lebten. Ab Mitte des 19. Jahrhundert wurden sie von Japan kolonisiert, umgesiedelt und ausgebeutet. Erst nach Mitte des 20. Jahrhunderts besannen sie sich wieder immer mehr auf ihre Traditionen. Das war der Anfang einer Revitalisierungsbewegung, die 2008 zur ihrer Anerkennung als indigene Gruppe und 2019 zu ihrer offiziellen Anerkennung als Minderheit mit eigenen Rechten in Japan führte. In der Ausstellung liegt der Schwerpunkt auf der aktuellen Revival-Bewegung mit einer Vielzahl von Stimmen unterschiedlicher Ainu-Aktivist*innen.
Die Besucher*innen erfahren mehr über die Geschichte der musealen Sammlung, bekommen einen Einblick in die Glaubensvorstellungen und einen Eindruck von der Schönheit der materiellen Kultur. Ein besonderes Highlight stellt ein besticktes Gewand aus Rindenbast aus dem 19. Jahrhundert dar. Traditionell haben textile Techniken bei den Ainu einen hohen Stellenwert und machen es Frauen möglich, ihre Individualität zum Ausdruck zu bringen.
Aber auch zeitgenössische künstlerische Positionen wie die berührenden Arbeiten der Künstlerin und Ainu-Aktivistin Mayunkiki stehen im Zentrum. In ihren Videoarbeiten reflektiert sie, was es bedeutet „Ainu“ zu sein und damit Teil einer gesellschaftlichen Minderheit in Japan. Die Auseinandersetzung mit ihrer Tradition der Tatauierung von Frauen und die Reaktionen der Gesellschaft wie auch ihrer eigenen Familie dokumentiert sie akribisch. Ergreifende Porträts der alten wie auch der jungen Generationen von Ainu der italienischen Dokumentarfotografin und Regisseurin Laura Liverani setzen einen Kontrapunkt zu den historischen Porträts von Ainu in der fotografischen Sammlung des RJM. Die fotografischen Selbstinszenierungen vermitteln auf sensible Weise die Verankerung in der Gegenwart und zugleich ein erstarktes Bewusstsein der Traditionen.
Der französische Zeichner und Video-Künstler Boris Labbé verschränkt in seinen Video-Projektionen die Dopplungen, Spiegelungen und Verflechtungen der Muster von Ainu-Textilien und Lautmalerei der Ainu-Gesänge. Die in Norwegen lebende Ainu-Aktivistin und -Wissenschaftlerin Kanako Uzawa interpretiert auf persönlicher und künstlerischer Ebene traditionelle Ainu-Tänze neu. In ihrer Promotionsarbeit setzt sie sich intensiv mit der gesellschaftlichen Position der Ainu auseinander und regt so eine Sensibilisierung in der Wahrnehmung von Minderheiten an. Weitere Informationen zu den Künstler*innen finden Sie hier.
Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Kooperation mit dem National Ainu Museum, dem Cologne Institute of Conservation Sciences (CICS) der Technischen Hochschule Köln und der Japan Foundation Köln.
Gefördert durch das Ehepaar Dr. Alfred und Doris Jung, die Kölner Kulturstiftung der Kreissparkasse Köln und die Museumsgesellschaft RJM e.V.
Projektidee: Dr. Annabelle Springer
Kurator*innen: Walter Bruno Brix, Dr. Annabelle Springer
Restaurator*innen: Petra Czerwinske, Kristina Hopp, Stephanie Lüerßen
Gestaltung und Grafik: Marie-Helen Scheid
Der Eintritt in die Ausstellung ist frei.
Hier geht es zum Flyer der Ausstellung und zur Dokumentation.
Informationen zur korrespondierenden Ainu-Filmreihe des Japanischen Kulturinstituts finden Sie hier: https://www.jki.de/veranstaltungen/filme/Ainu